Familiengeschichte - August Farwig


Geboren 7.7.1864 in Melle
Gestorben 1.4.1928 in Argentinien

August Farwig heiratete in Brasilien Emma Heiner (22.7.1866 - 24.7.1948). Sie hatten zwei Söhne: Herbert und Kurt. Aus den Erinnungen seines Sohns Herbert Farwig:

Als mein Vater, der jüngste der vier Geschwister, seine Lehre und Einjährigendienstzeit hinter sich hatte, wurde er von seinem Schwager Brune aufgefordert, einige Jahre in Brasilien zu arbeiten. Mein Grossvater hatte beabsichtigt, das Familiengeschäft nicht dem älteren Sohn Carl, sondern meinem Vater zu übergeben. Da er jedoch ohne Testament starb, übernahm Onkel Carl das Geschäft und mein Vater liess sich nach Brasilien sein Erbteil überweisen. Das Geld legte er in einem Hause an und verlor alles bald, wie er auch das Erbteil meiner Mutter verlor und ihm überhaupt im Leben alles erfolglos durch die Finger rann.
Meine Mutter war als junge Lehrerin von einer reichen brasilianischen Familie in Frankfurt als Erzieherin für die jungen Töchter angestellt worden und war mit dieser Familie erst nach Paris und dann nach Sao Paulo gereist. In Sao Paulo lernte sie meinen Vater kennen und sie heirateten dort.
Mein Bruder Kurt und ich wurden beide im Vorort Villa Marianna in Sao Paulo geboren.
Mein Vater hatte sich selbständig gemacht und besass eine Sägerei. In wenigen Jahren war aber schon der Bankrott da, und das Vermögen meiner Mutter - rund dreissigtausend Mark - wurde noch verschlungen, fast ehe meine Mutter noch von ihrem Erbteil erfuhr. Der Bankrott war katastrophal, denn mein Vater hatte anscheinend garnicht bemerkt, dass seine Mitarbeiter unter seinem Namen unlautere Manipulationen begangen hatten. Es grenzte an betrügerischen Bankrott, nur dass mein Vater aus Ungeschicklichkeit hineingeglitten war. Auf jeden Fall schien es für ihn unzweckmäßig, in Brasilien zu bleiben. So verliess er das Land - und seine Gläubiger - und fuhr nach Argentinien, um von vorne anzufangen.
Er hat noch oft von vorne angefangen. Ich kenne meinen Vater eigentlich kaum anders, als das er gerade wieder von vorne anfing. Er hat viele Stellungen in Argentinien gehabt, aber keine hat gedauert. Immer waren natürlich andere Leute oder Umstände schuld, wenn er wieder einmal wechseln musste. Den besten Trost gab ihm dann stes ein kräftiger Trunk. Mein Vater liebte es, von Zeit zu Zeit solche Ermunterung zu sich zu nehmen. Er ist zwar nie betrunken gewesen, aber seine beruflichen Leistungsfähigkeit musste wohl von diesem, im kleinen betriebenen Laster zermürbt worden sein.